Umweltüberwachung aus Sicht der Bevölkerung gedacht

Messung von 14C und 3H in Umweltarchiven aus der Umgebung der Schachtanlage Asse II
Für Anwohnerinnen und Anwohner von kerntechnischen Anlagen stellt sich die Frage, ob und in welchem Maß genehmigte Radionuklid-Emissionen Auswirkungen auf ihre Umwelt haben. Während wir als Strahlenschützer relativ schnell bereit sind, diese Auswirkungen auf dem Stand von Wissenschaft und Technik einzuordnen und einen Großteil an Bedenken auszuräumen, müssen Laien (die letztlich nicht die Zeit und Kapazität haben, diese Abwägungen im Detail nachzuvollziehen) am Ende in vielerlei Hinsicht den offiziellen Stellen vertrauen, die in die Emissions- und Immissionsüberwachung involviert sind. Um Vertrauen zu schaffen, kann es in diesem Bereich sinnvoll sein, Wissensbestände der Bevölkerung möglichst direkt in Probenahmen und Auswertungen der Umweltüberwachung einzubeziehen.

ZUSAMMENFASSUNG

Gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der Region wurden im November 2022 Umweltarchive in der Nähe der Schachtanlage Asse II beprobt und auf 3H und 14C untersucht. Die Untersuchungen konnten dabei keine signifikante Erhöhung der 14C- und 3H-Gehalte quantifizieren. Die Befunde sind mit parallel durchgeführten Ausbreitungsrechnungen und vergangenen Untersuchungen verträglich, wobei die Ausbreitungsrechnungen auch nahelegen, dass Emissionen deutlich oberhalb der dokumentierten Werte während der Einlagerungsphase hätten nachweisbar sein müssen. Spannend aus Sicht der transdisziplinären Forschung ist es zu hinterfragen, welchen Mehrwert der direkte Einbezug der betroffenen Bevölkerung in die Auswahl und Untersuchung von Proben für die Umweltüberwachung hat.

SUMMARY

Environmental monitoring from the perspective of the population – Measurement of 14C and 3H in environmental archives from the surroundings of the Asse II mine
In collaboration with local residents, environmental samples for 3H and 14C studies near the Asse II mine were collected, in November 2022. The analysis did not show any significant increase in 14C and 3H levels. These findings are consistent with concurrent dispersion calculations as well as past studies that also suggest, that emissions above documented levels during the storage phase should have been detectable. From the perspective of transdisciplinary research, it is interesting to examine the added value of directly involving the affected population in the selection and testing of samples for environmental monitoring purposes.

Festlegung der Messaufgaben

Im Rahmen des transdisziplinären Projekts TRANSENS [1] betreibt die Leibniz Universität Hannover eine Messstelle in Remlingen in unmittelbarer Nähe zur Schachtanlage Asse II, welche grundsätzlich Bürgerinnen und Bürgern der Region offensteht, um Radioaktivität in Umweltproben unter wissenschaftlicher Begleitung selbst zu messen.
Den Schwerpunkt der Messungen vor Ort stellt die Gamma-Spektrometrie dar, da diese praktisch ohne chemisches Labor auskommt. Ein Kritikpunkt, der vonseiten von Bürgerinnen und Bürgern an diesem Messangebot aufkam, war jedoch, dass sich insbesondere die reinen Beta-Strahler Tritium und 14C damit vor Ort gar nicht nachweisen lassen.
Die Kritik ist aus Sicht des Strahlenschutzes teilweise nachvollziehbar. Zwar handelt es sich bei Tritium und 14C nicht um die dosisbestimmenden Nuklide. Gleichwohl ist die Frage nach ihrem Verbleib in der Umwelt aus Sicht von Anwohnerinnen und Anwohnern berechtigt sowie aus radioökologischer Sicht sehr spannend. Wir haben uns im Rahmen des Projektes daher entschieden, weitere Messmöglichkeiten zur Erfassung von reinen Beta-Strahlern anzubieten.

Probenauswahl und Probenahme

Im November 2022 wurden gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern der Bürgerinitiative „aufpASSEn e.V.“ [2] ausgewählte Umweltarchive in der Nähe der Schachtanlage Asse II beprobt und anschließend in einer Bachelor-Arbeit auf Tritium und 14C untersucht [3, 4].
Bei den aus Sicht der Bürgerinitiative interessierenden Umweltarchiven handelte es sich um 3 Teiche zur ­Bestimmung des Tritium-Gehaltes sowie 2 Baumscheiben zur C-14-Bestimmung aus unterschiedlichen Richtungen und Entfernungen vom Diffusor (Tab. 1).

Tab. 1: Probenahmeorte der untersuchten Umweltarchive

Standort Nuklid Entfernung zum Diffusor [m] Windrichtung (aus) Tage pro Jahr in Windrichtung*
1: Schwarzkiefer 14C 803 SSE 15
2: Rotbuche 14C 1.660 WSW 50
3: Oberer Teich 3H 954 W 49
4: Unterer Teich 3H 1.050 W 49
5: Skoda Teich 3H 950 SE 15
* Daten von meteoblue [5].

Für die Tritium-Analytik wurden in einer gemeinsamen Probenahme jeweils 1 L Oberflächenwasser und 1 L Wasser aus einer Tiefe von ca. 80 cm entnommen und in Gefäßen aus Kunststoff luftdicht verschlossen. Siehe Abbildungen 1 und 2 links.
Die Proben für die Messung von 14C wurden aus 2 Bäumen (Schwarzkiefer und Rotbuche) gewonnen, die dem Institut seit 2022 als Baumscheiben vorlagen (siehe Abb. 2, rechts).

Abb. 1: Probenahmeorte und jährlich gemittelte Windverhältnisse an der Asse (Karte: openstreetmap.org Winddaten: meteoblue.com). Die unterschiedlichen Farben der Windrose deuten die Windgeschwindigkeitsverteilung an, gestaffelt von 0,6 m/s (innererstes Kreissegment) bis 15,3 m/s (äußerste Kreissegmente).

Abb. 2: Probenahme für die Tritium- (l) und die 14C-Analytik (r)

Tritium in den 3 beprobten ­Teichen

Die Abtrennung des Tritiums wurde durch Destillation von 50 mL Probenmaterial erreicht, wobei diesem zur Rückhaltung weiterer Radionuklide (14C, 32P, 35S) pro untersuchter Probe jeweils 100 mg Natrium-Hydroxid und 50 mg Kalium-Permanganat hinzugefügt wurden (Abb. 3).

Abb. 3: Destillation der Wasserproben

Tritium-Messungen

Die Messungen der Proben fanden mittels Flüssigszintillationsspektrometrie an einem Quantulus GCT der Firma PerkinElmer unter Verwendung des Lösungsmittelcocktails Ultima GoldTM AB und externer Kalibration statt. Eine vollständige Trennung des Tritiums von Radionuklidinterferenzen gelang in 4 von 6 Fällen und damit für jeden der beprobten Teiche. Zwei der Proben wiesen im Spektrum Nuklidinterferenzen im mittelenergetischen Bereich auf, die vermutlich auf eine unvollständige Rückhaltung während der Destillation zurückzuführen waren, wodurch sie im ­Tritium-Fenster nicht auswertbar waren.
Die Messzeit der einzelnen Proben betrug je dreimal 8 Stunden, wobei zwischen jeder Einzelmessung noch eine Blindmessung von ebenfalls 8 Stunden durchgeführt wurde. Die gemittelten Ergebnisse der 3 Wiederholmessungen für die 6 Proben lagen für die auswertbaren Spektren jeweils unterhalb der Nachweisgrenze von – im Mittel – 1,6 Bq L-1.

Abb. 4: Simulierte Tritium-Deposition in Abhängigkeit von Entfernung und Wind­geschwindigkeit, jeweils unter der Annahme von 365 Tagen konstantem Wind

Verifizierung der Messergebnisse

Um diese Ergebnisse einzuordnen und zu verifizieren, wurden parallel zu den Messungen Ausbreitungsrechnungen mittels Gauß-Fahnenmodell durchgeführt. Die Berechnungen wurden mittels der Software HotSpot ­(National Atmospheric Release Advisory Centers/Lawrence Livermore National Laboratory; V3.1.2) durchgeführt. Als Quellterm dienten Ableitungs­werte aus dem Jahr 2020 (4,6 Bq m-3 bei ­einer Fortluftmenge von 2,7 · 109 m3).
Unter Annahme einer Gewässertiefe von ca. 1 m ergeben sich hieraus potenzielle jährliche Immissionen in Bq L-1. Diese liegen bei realistischen Annahmen der Windverhältnisse im Bereich von 0,011 bis 0,035 Bq L-1 pro Jahr.
Unter sehr konservativer Annahme bzgl. Windverhältnissen (365 Tage Wind in Richtung des Teiches) liegt der Eintrag für den Oberen Teich im Bereich von bis zu 0,27 Bq L-1 pro Jahr (siehe Tab. 2).
Die Ergebnisse der radioanalytischen Messungen und der Simulationen decken sich insofern, als eine deutlich erhöhte Tritium-Konzentration in den gemessenen Teichen aufgrund der berechneten Einträge nicht zu erwarten wäre – zumal Austauschprozesse des Tritiums in der Umwelt hier noch gar nicht berücksichtigt sind.

Tab. 2: Übersicht der Ergebnisse von Tritium (simuliert mittels Gauß-Fahnenmodell) für reale und konservativ gerechnete (100 %) Windverhältnisse in Richtung des Probenahmeortes sowie Messergebnisse der Probenahme.

Probe Eintrag Asse (simuliert, 100 % Wind) [Bq L–1] Eintrag Asse (simuliert, reale Windverhältnisse) [Bq L–1] Gemessen [Bq L–1]
OT (Oberfläche) 0,27 0,035 Nuklidinterferenz*
OT (1 m Tiefe) < NWG
UT (Oberfläche) 0,24 0,032 < NWG
UT (1 m Tiefe) < NWG
Skoda (Oberfläche) 0,27 0,011 Nuklidinterferenz*
Skoda (1 m Tiefe) < NWG
* Unvollständige Rückhaltung von Nuklidinterferenz bei der Destillation

Messung von 14C in Baumringen

Die Messung der Kohlenstoff-14-Gehalte in den Baumringen fand mittels Beschleuniger-Massenspektrometrie statt. Hierzu wurden mithilfe eines Zuwachsbohrers Bohrkerne aus beiden Baumscheiben entnommen, aus denen dann jeweils 50 bis 100 mg der einzelnen Jahresringe beprobt wurden (Abb. 5).

Abb. 5: Probenahme der Jahresringe

Als Untersuchungszeitraum wurde der Fokus auf die Asse-Einlagerungsphase der Jahre 1967 bis 1978 gelegt, wobei zur Kontrolle auch die Zeiträume vor und nach der Einlagerung mit ge­ringerer Jahresdichte untersucht wurden.

Messablauf

Die weitere Vorbereitung der Holzproben sowie die Messung mittels Be­schleuniger-Massenspektrometrie fan­den am Department für Chemie, Biochemie und Pharmazie an der Universität Bern statt. Zur weiteren Probenaufbereitung für die Messung wurde vor Ort ein Verfahren mittels Zellulose-Extraktion und anschließender Carbonisierung gewählt.
Bei dem verwendeten Analysegerät handelte es sich um das MICADAS „MIni radioCArbon DAting System“ [6].

Messergebnisse

Die Ergebnisse sind als F14C (fraction modern carbon) dargestellt, was sich aus der normalisierten spezifischen Aktivität der Probe ASN und der normalisierten Aktivität der Referenz-Probe AON (des Jahres 1950) wie folgt zusammensetzt [7]:
F14C = ASN/AON
Das Verhältnis von 14C zu 12C hat sich in der nördlichen Hemisphäre bis in die 1960er-Jahre fast verdoppelt und der gemessene F14C Wert lag im Jahr 1963 bei knapp unter 2. Mit der Festlegung des partiellen Verbotes von Kernwaffentests in der Atmosphäre, unter Wasser und im Weltraum, fällt das Verhältnis von 14C zu 12C seitdem wieder ab. Der Ausgangswert von 1 ist an Hintergrundstandorten inzwischen wieder erreicht worden.
Die ermittelten F14C-Messwerte (Abb. 6, schwarze Punkte) zeigten den typischen Verlauf des Bombenpeaks (Referenzwerte in Rot) und wichen im Rahmen der Unsicherheiten zu keinem Zeitpunkt signifikant von ihm ab. Um die Ergebnisse im interessanten Zeitraum der Asse-Einlagerung abzu­sichern, wurden in diesem Zeitraum im Anschluss an die erste Messung erneut je 2 Proben für jedes einzelne Jahr genommen und separat gemessen.

Abb. 6: Oben: 14C-Gehalte der Rotbuche (Ergebnisse der Schwarzkiefer, siehe [4]) im Vergleich zu Referenzwerten der nördlichen Hemisphäre [7].
Unten: Wiederholungsmessungen der Jahresringe aus der Einlagerungszeit.

Parallel zur massenspektrometrischen Bestimmung wurden auch für das 14C zur Verifizierung die zu erwartenden Immissionen berechnet, siehe Tab. 3. Berechnungsgrundlage hierfür war die (noch übergangsweise gültige) Verwaltungsvorschrift zu § 47 Strahlenschutzverordnung (AVV).

Tab. 3: Simulierte Immissionen in die beiden beprobten Bäume und Vergleich mit einem Hintergrundwert der nördlichen Hemisphäre aus dem Jahr 1973.

Standort Quellstärke, jährliche Emission (Simulation) Quellstärke A (Simulation) Aktivitätskonzentration durch Asse-Emission (Simulation) Aktivitätskonzentration gesamt: Referenz + Asseeinfluss Prozentuale Erhöhung des Untergrundes
Einheit [GBq] [Bq/s] [Bq/m³] [Bq/m³] [%]
Nördliche Hemisphäre (Ref.-Jahr 1973) 0 0 0 0,046 0
Rotbuche 0,85* 27 1,2 · 10-5 0,046 0,03
15* 476 0,0002 0,046 0,5
1.000* 3,17 · 104 0,014 0,060 31
Schwarzkiefer 0,85* 27 7,5 · 10-6 0,046 0,02
15* 476 0,00013 0,046 0,3
1.000* 3,17 · 104 0,0088 0,055 19
* Die Auswahl der dargestellten Quellterme erfolgte wie folgt: 0,85 GBq = typische Emissionen heute, laut Betreiberbericht. 15 GBq = höchste dokumentierte Emission der Asse aus dem Jahr 1982, 1000 GBq = Annahme zur Simulation wesentlich höherer Emissionen als dokumentiert.

Zusammenfassende Bewertung

Sowohl die Messungen des Tritiums in den 3 Stillgewässern als auch die Messung des 14C in den Baumringen konnten – erwartungsgemäß – keinen Eintrag der Asse-Emissionen quantifizieren.
Im Fall des Tritiums lagen die Messwerte unterhalb der analytisch er­reichten Nachweisgrenze. Die gemessenen 14C-Gehalte waren mit dem Verlauf des durch die oberirdischen Atombombentests der 1960er-Jahre erhöhten Hintergrundes der nördlichen Hemisphäre verträglich.
Die Ausbreitungsrechnungen zeigen dabei, dass eine um Größenordnungen oberhalb der dokumentierten Ableitungen liegende Emission in der Einlagerungsphase hätte nachweisbar sein müssen.
Auch zeigen sie auf, dass die untersuchten Bäume für eine sichere Quantifizierung zu weit von der Asse entfernt standen. Für zukünftige Untersuchungen wäre es wichtig, gezielt Bäume in Hauptwindrichtung mit möglichst großer Nähe zum Diffusor zu wählen, wo die Verdünnung entsprechend geringer ausfällt. Dann wären niedrigere Nachweisgrenzen für potenzielle Emissionen von 14C in der Vergangenheit erreichbar, sodass sich der Einfluss der Asse-Emissionen eventuell quantifizieren ließe.

Lessons learned …?

Aus Sicht des Strahlenschutzes entsprechen die ermittelten Werte den ­Erwartungen, die sich aus Ausbreitungsrechnungen ergeben, und liefern keine neuen Erkenntnisse bzgl. Immissionen durch die Asse-Emissionen. So lassen sich zwar zum einen die Ergebnisse der Ausbreitungsrechnungen als „Schätzer“ für einen möglichen Eintrag heranziehen und zum anderen die messtechnisch erreichte Nachweisgrenze des Tritiums als gesicherte obere Grenze angeben, die von der Aktivitätskonzentration in den Teichen nicht überschritten wird (siehe Tab. 4). Wirklich neue Erkenntnisse zum Eintrag von Emissionen in die Umwelt sind dies jedoch nicht.

Tab. 4: Abschätzung der resultierenden Dosis durch Trinken des Teichwassers: konservative Annahme: Der gesamte jährliche Wasserbedarf einer Person (700 Liter pro Jahr) wird ausschließlich aus dem der Anlage am nächstgelegenen Teich (Oberer Teich) gedeckt.

Szenario Tritium-Konzentration Tritium-Aufnahme Berechnete Jahresdosis Berechnete Jahresdosis
[Bq L-1] Bq pro Jahr Sv μSv
Jährlicher Eintrag Normalwind 0,036 25 1,1 E-09 0,0011
Jährlicher Eintrag kompletter Wind 0,27 186 7,8 E-09 0,0078
Nachweisgrenze LSC 1,6 1120 4,7 E-08 0,047

Aus Sicht der Forschung im transdisziplinären Projekt TRANSENS ist jedoch insbesondere von Interesse, worin der Unterschied besteht zwischen Messungen im Rahmen einer (mehr oder weniger starren) Emissions- und Immissionsüberwachung durch den Betreiber und solchen Messungen, die sich auf konkrete Messanliegen der betroffenen Bevölkerung beziehen und betroffene Personen in das Messprogramm einbeziehen.
Während ersteres Vorgehen der Umweltüberwachung sicher notwendig und richtig ist, lassen sich durch den hier verfolgten Ansatz ­wesentliche Mehrwerte schaffen – für alle Beteiligten.
Konkret steht hier natürlich die Frage nach der Akzeptanz im Raum. Und zwar ausdrücklich nicht primär die Akzeptanz der Messer­gebnisse selbst. Diese können und sollen auch im vorliegenden Fall kritisch hinterfragt werden. Wesentlich wichtiger ist die Akzeptanz des Verfahrens.
Hier hat sich im Verlauf des Projektes TRANSENS an mehreren Stellen gezeigt, dass der transdisziplinäre Ansatz gegenüber der betreiberseitigen Überwachung einige strukturelle Vorteile bietet.
So werden bei Befragungen der Bevölkerung innerhalb des Projektes ­TRANSENS 4 Begriffe immer wieder genannt, wenn es um die Akzeptanz von Verfahren geht [8]:

  • Transparenz,
  • Nachvollziehbarkeit,
  • Augenhöhe und
  • Unabhängigkeit.

Interessanterweise ist es nicht unbedingt die Unabhängigkeit, die hier zuerst genannt wird – Transparenz/Nachvollziehbarkeit und Augenhöhe sind mindestens ebenso wichtig.

Fazit

Der große Vorteil des direkten Einbezugs der Bevölkerung in die Messung von Umweltproben ist es, dass das Verfahren hier auf Augenhöhe beginnt. Dies wird u. a. ermöglicht, indem die Wahl der „richtigen“ Proben zur Untersuchung nicht „von oben herab“ oder „aus dem Elfenbeinturm“ heraus erfolgt, sondern konkrete Wissensbestände und Fragestellungen der Bevölkerung vor Ort eingeholt und ernst­genommen werden.
Zugleich zeigt sich in der Zusammenarbeit mit der Bevölkerung immer wieder, dass dieser Austausch zu einem hohen Maß an wahrgenommener Transparenz und Nachvollziehbarkeit führt, da der gesamte Prozess des Messens für die beteiligten Bürgerinnen und Bürger gewissermaßen „von innen“ erfahrbar wird.
Unsere Erfahrungen haben zudem gezeigt, dass der Zusammenarbeit mit universitären Einrichtungen – allen Unkenrufen zum Trotz – von einer sehr breiten Mehrheit der Bevölkerung ein grundsätzlich großes Vertrauen entgegengebracht wird.
Dieses Vertrauen ist Grundvoraussetzung für eine Zusammenarbeit, weshalb sich der hier beforschte Ansatz sicherlich nicht unmittelbar auf stärker am Prozess beteiligte Akteure übertragen lässt. Es wäre daher aus unserer Sicht sinnvoll und wünschenswert, wenn sich aus den gemachten Erfahrungen ähnliche Angebote für die Bevölkerung auch in Zukunft und dauerhaft ableiten ließen, wenngleich der Aufwand – zugegebenermaßen – sehr groß und sicherlich nur in besonders kontroversen und schwierigen Fällen der Kommunikation zu rechtfertigen ist.

Quellen:

[1] Wissenschaft und Zivilgesellschaft: gemeinsame Forschung zur Entsorgung hoch radioaktiver Abfälle – das Verbundvorhaben TRANSENS. Strahlenschutzpraxis 3/2021.
[2] https://aufpassen.org/, abgerufen am 27.11.2023
[3] Kim Rebecca Richert. Bachelorarbeit: „Messung von C-14 und H-3 in Umweltarchiven aus der Umgebung der Schachtanlage Asse II“. 16.4.2023 www.irs.uni-hannover.de/fileadmin/irs/Arbeiten/Bachelor/bacriche.pdf
[4] Kurzbericht – Messung von C-14 und H-3 in Umweltarchiven aus der Umgebung der Schachtanlage Asse II www.transens.de/aktuelles/nachrichtendetails/deteilansicht?tx_news_pi1%5Baction%5D=detail&tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5Bnews%5D=25919&cHash=2704eecc74555719a8cfd4429d4f04e2
[5] meteoblue AG, www.meteoblue.com/de/wetter/historyclimate/climatemodelled/remlingen_deutschland_2848308, abgerufen am 1.11.2023.
[6] Hans-Arno Synal u. a. “MICADAS: A new compact radiocarbon AMS system”. Nuclear Instruments and Methods in Physics Research Section B: Beam Interactions with Materials and Atoms, Vol 259., Iss. 1, Juni 2007
[7] Paula J. Reimer u. a. “The IntCal20 Northern Hemisphere Radiocarbon Age Calibration Curve (0–55 cal kBP)”. Radiocarbon 62, S. 725–757. issn: 00338222. doi: 10.1017/RDC.2020.41. 4 Aug. 2020