Das Wort hat der Präsident

Liebe Leserinnen und Leser der StrahlenschutzPRAXIS!

 

Alle Arbeitskreise des Fachverbandes stellen in den folgenden Beiträgen die Bedeutung des praktischen Strahlenschutzes hinsichtlich des Schutzes von Beschäftigten und Bevölkerung sowie dessen Umsetzung und Optimierung dar.
In etlichen Fällen klingt aber noch eine andere Facette des Strahlenschutzes als gesellschaftliche Herausforderung an: Es muss jetzt und in Zukunft Menschen geben, die den Strahlenschutz umsetzen.
Was wünschen wir uns von diesen? Sie sollen jung sein, von der Sache überzeugt, den Sinn in ihrer Arbeit zum Wohle der Gesellschaft sehen, sowohl Altbewährtes übernehmen als auch kritisch infrage stellen und verbessern. Sie sollen mit dem Kontaminationsmonitor in der Hand oder an der Freimessanlage beim Rückbau von Kernkraftwerken helfen, in der Medizin bei Therapie und Diagnose tätig sein, aber auch am Schreibtisch z.B. in Aufsichtsbehörden arbeiten oder in Ausbildungsstätten lehren.
Aber wie überzeugen wir junge Menschen, dass wir eine interessante, notwendige und eine nachhaltige Aufgabe für sie haben? Denn wir sind uns sicher, die Aufgaben, die uns erwarten, werden uns dauerhaft begleiten.
Vielleicht hilft ein Blick, mit welchen alternativen Arbeitsfeldern wir in Konkurrenz stehen, z.B. der Ausbau der erneuerbaren Energien. Doch ist das Konkurrenz? Nein, wir sind da mittendrin, Geothermie, Seltenerdgewinnung und auch die Fusionsforschung, funktionieren nicht ohne Strahlenschutz. Im Gesundheitssystem sind speziell tomografische Bildgebungen zur Diagnose und nuklearmedizinische Verfahren ebenfalls ohne Strahlenschutz nicht denkbar.
Optische Technologien – weit weg vom Strahlenschutz? Siehe die Ultrakurzpulslaser und durch sie erzeugte ionisierende Strahlung. Hier bedarf es unserer Expertise, praktikable Wege zum Schutz der Beschäftigten aufzuzeigen.
Und natürlich beginnt bei der Optik auch das große Feld der nicht-ionisierenden Strahlung, das bis zur allzeit präsenten Diskussion um die Gleichspannungsübertragungsleitungen (z.B. Süd-Link) reicht. Die Liste ließe sich problemlos fortsetzen.
Doch wie bekommen wir nun „den Nachwuchs“ an Bord?
Wir dürfen spezialisierte Ausbildungsgänge nicht noch weiter reduzieren. Allerdings wäre es blauäugig zu glauben, dass Schülerinnen und Schüler von der Schule weg in den Strahlenschutz stürmen, dafür ist unser Gebiet zu klein und zu speziell. Ich sehe den besten Weg aus verwandten Ausbildungsberufen heraus.
Das gilt für technische ebenso wie für akademische Berufe. Der Chemielaborant oder die Mechatronikerin können sich aus einem verwandten Umfeld heraus durchaus für den Strahlenschutz gewinnen lassen, wenn die Jobangebote stimmen. Junge Akademiker überzeugt man durch Mitarbeit in Spitzenforschung und internationalem Austausch.
Immer wichtiger werden auch berufsbegleitende Angebote zur höheren Qualifikation. Der Bedarf für diese Fachkräfte ist da. Es muss aber sichergestellt werden, dass diesen Menschen der Abschluss auch zu einem beruflichen Aufstieg dient. Hier ist Handeln von Ausbildungsstätte, Arbeitgebern und nicht zuletzt auch der Politik gefragt.
Unsere Situation mag zurzeit nicht ganz einfach sein. Von Ausweglosigkeit sind wir aber weit entfernt. Wir müssen nur die klassischen Wege verlassen.

 

Clemens Walther